Festland-Spanien und Gibraltar 3. – 6. 6.
Erinnerungen an den Hinweg erwachen: dieselben absolut gleichförmigen, von Cabos unterbrochenen und nur in der Höhe abwechslungsreichen ‚Kamelhöcker‘-Gipfel des sich die Küste entlang ziehenden Gebirges, auf halber Höhe parallel die Autobahn: man zählt der Ereignisarmut wegen während der tuckernden Fortbewegung in Windstille gen Süden die Autos auf der Straße, schaut – überflüssigerweise - abwechselnd auf Kartenplotter, Karte und ipad den Küstenabschnitt entlang auf der Suche nach eventuell interessanten Ortsnamen und auf ship finder, wo sich Good Luck befindet – alles mehr oder weniger zweckfreie Beschäftigungen neben Obst essen und Wasser trinken. Doch Langeweile spüren wir dabei nicht.
Zufall Nr. 1: Good Luck begegnet uns! Wir treffen Frank und Andrea in Cartagena, verbringen einen netten gemeinsamen Abend mit Tapas-Essen und verlassen am nächsten Morgen beide die Stadt in unterschiedliche Richtungen: Sie mit Fernziel Valencia, wir mit 5Bf N-NO herrlich unter Segeln nach Aguilas in den Puerto Juan Montiel, einen extrem leeren Hafen, außer einem norwegischen Katamaran bemerken wir nur kleinere Motorboote.
Windprognosen stimmen so häufig nicht! Beispiel Genoves-Bucht (9.6.): Wir starten früh um 5 Uhr wegen Ankündigung von 6Bf SW (also von vorne) ab 11 Uhr. Fakt jedoch: Flaute, Nebel, Motor! Die Riesenanlage Almerimar verwinkelt, klassizistisch-maurisch angehaucht, ist zwar beeindruckend und die Schiffe liegen in den verzweigten Hafenbecken zwischen Häuserzeilen sehr geschützt, aber wenig besetzte Liegeplätze und leere Wohnungen trüben die Laune. Und wieder Falschprognose: statt 2-3Bf aus E, was günstig für uns gewesen wäre, auf Este und Benalmadena zu im Flautendunst, zwei (!) Schiffe passierend, sonst nur springende Fische und zerplatzte Mülltüten. Da sich der Gasvorrat während des abendlichen Fischbrat-Vorgangs in Este verabschiedet hat, leben wir fortan von Kaltverpflegung (vornehmlich Obstdosen), Kaffee zum Frühstück muss allerdings sein: entweder mit Warmwasser aus dem Sanitärgebäude oder ‚to go‘ aus einem der umliegenden Cafes. Erst von Gibraltar/La Linea aus werden wir mit einem Mietauto nach Marbella zurück fahren können, um von einem Dänen Gas in unsere deutsche Flasche gefüllt zu bekomme! Für 15sm brauchen wir bei 20-30 Knoten aus W fünf Stunden – deshalb verkürzen wir die nächste Etappe und legen in Estepona an, wo wir in den Genuss eines der ersten Fußballspiele der WM (Frankreich – Albanien) kommen. Das Wetter bleibt starkwindig bei Sonnenschein, wir bleiben und fahren kurzerhand mit dem Bus nach Tarifa und von dort mit der Fähre nach Tanger zu einem Tagesausflug. Abends spielt Deutschland gegen Polen, es schauen außer uns nicht viele und diese wenig konzentriert zu.
Da es anschließend gut läuft, verzichten wir auf Sotogrande und halten gleich auf Gibraltar zu: um 13.45 umrunden wir den Leuchtturm „Europa“. Wir tanken für 56 Cent/Liter und liegen erstmal gemütlich im leeren La Linea. Engländer, während unseres mehrtägigen Aufenthaltes dort nach dem Ergebnis der Volksbefragung zum EU-Austritt befragt, informieren uns, dass die Entscheidung erst am 24.6. falle; sie selbst allerdings seien gegen den Austritt. Man höre, dass Spanien für den Austrittsfall die umgehende Schließung der Grenze zu Gibraltar angekündigt habe – doch so rasch werde ihnen das natürlich nicht möglich sein… Eine Woche hält der Starkwind aus E an, wir unternehmen eine Autotour durch das Gebirge in die andalusische Stadt Jerez de la Frontera, ehemals stark befestigter Grenzposten („frontera“) gegen die Mauren, heute noch Heimat des Sherry („Jerez“). Über Algeciras und die berühmte Düne Bolonia, von deren Höhe aus noch einmal am Horizont die Berge in Marokko zu erkennen sind, geht’s zurück. Der Wind lässt etwas nach, wir können los. Bei Tarifa ist viel Betrieb,der Autopilot gibt vorübergehend im Mordsgeschaukel auf, dann läuft’s gut: nur mit Vorsegel zischen wir nach Barbate und von dort am nächsten Tag nach Rota: ein kleiner verträumter Ort gegenüber Cadiz mit langem Strand und erhöhter Altstadt, in der abends das Touristenleben pulst. Und schon wieder kommt der Wind falsch: wir legen einen Strandtag ein, aber es wird schon deutlich kühler: trotz 26 Grad lässt uns inzwischen der Nordwind frösteln und das Wasser ist mit 18 Grad auch nicht mehr so einladend. Einen Hafen später in Punta Umbria bei Huelva wollen wir wie auf der Hinfahrt in der Kneipe von Luciano Hamza leckere Tapas zu Abend essen, er erinnert sich an uns, schüttelt aber den Kopf: er habe nichts, heute sei Sonntag und einkaufen könne er erst Montag. Achso … macht nichts, es sind genug Dosen an Bord. Wir kriegen Unmengen Chips und Oliven, plaudern mit ihm über die Vergangenheit, auch so ist es ein netter Abend geworden.